Früher dachte ich, dass das mutigste an Streifen sei, wenn man sie auch mit 3 oder 10 Kilo zuviel am Körper getragen hat. Insbesondere die Variante in Quer. Seit ich nähe, weiß ich, was tatsächlich mutig ist: Streifenstoff zu vernähen! Jedenfalls, wenn man nicht der genauste Typ ist. Und ich bin eher der Pareto-Typ (Vorsicht, bisschen Zahlenspielerei): Es gibt Dinge, da erreicht man 80% des Ergebnisses mit 20% Aufwand. Um bis auf 100% des Ergebnisses zu gelangen, benötigt man die restlichen 80% Aufwand. Das nennt man Pareto-Prinzip. Da (Achtung, Angebeter-Zitat) ein gutes Pferd nur so hoch springt wie es muss, bin ich normalerweise eher der 80% Typ. Aber bei Streifen reichen 80% des Ergebnisses leider nicht.
Lange Rede kurzer Sinn: Damit Streifen nicht furchtbar schief aussehen, muss man es wirklich ordentlich machen! Daher hab ich mich davor immer gedrückt. Da ich aber letztens einen hübschen Ringelstoff ergattert habe, habe ich mich der Herausforderung gestellt. Schon länger geplant war ein Geburtstagsshirt für meinen Sohn. Der wird bald 1 Jahr alt. (Ich muss jetzt nicht erwähnen, wie sehr die Zeit rennt…. ) Für den Nachmittagskaffee wartet schon ein gestrickter Pullunder von der lieben Oma, für das Frühstück darf es weniger gediegen sein. Da sollte es ein einfaches Ringelshirt mit einer applizierten Zahl sein. Eigentlich finde ich sowas etwas affig, aber andererseits ist es auch eine schöne Erinnerung.
Beim Verarbeiten von Streifen ist natürlich ein grader Zuschnitt das A&O. Erste Herausforderung: Den Bruch so zu legen, dass die Streifen auch übereinander liegen. Klingt einfach, ist es aber nicht. Der Ringelstoff ist ein dünner Viskosejersey, den ich grundsätzlich ganz gerne für Babyshirts nehme. Wegen der guten Dehnbarkeit und weil er schön leicht ist. Aber es ist keine Baumwolle, daher mag das sicher nicht jeder für sein Kind. Die gute Dehnbarkeit und die dünne Verarbeitung macht den Stoff aber auch sehr rutschig. So dass es gar nicht mal so einfach war, den Bruch ordentlich zu legen. Aber mit etwas Geduld ging es natürlich.
Dann werden erst Vorder- und Rückteil zugeschnitten. Hier konnte ich mich dann beim unteren Rand an den Streifen orientieren, so dass das Muster genau grade auf dem Stoff lag. Ich sorgte dafür, dass die Streifen unter den Armlöchern (also in Achselhöhe) bei Vorder- und Rückteil identisch sind. Von dort nach oben weichen die Schnittteile in ihrer Form ab.
Anschließend werden die Arme zugeschnitten. Auch hier nahm ich die Achsel als Orientierungspunkt. ich schaute also, dass auch beim Ärmel, der helle Streifen etwas unterhalb der Achsel liegt. Normalerweise schneide ich die Ärmel in doppelter Stofflage zu, so dass man direkt auch den spiegelverkehrten Arm hat. In diesem Fall machte ich das jedoch nacheinander.
Nachdem die 4 Teile zugeschnitten waren, musste das Vorderteil nun dekoriert werden. Von meiner Namenswimpelkette hatte ich noch ein Stück von einem grünen Streifenstoff übrig, auf das bereits Vliesofix aufgebügelt ist. Vliesofix ist ein dünnens Vlies, das beidseitig durch Bügeln klebrig wird. Man kann damit also quasi selbst Bügelbilder herstellen, bzw. Applikationen auf dem Stoff fixieren. Ich habe mittlerweile einen recht großen Fundus an kleinen „Stoff-mit-Vliesofix“-Resten. Perfekt für kleine Applikationen. Zuerst kam also eine „1“ aufs Shirt. Und weil die alleine etwas einsam aussah, beschloss ich, der Zahl noch ein Krönchen aufzusetzen. Die Zahl habe ich nach dem Aufbügeln mit einem Gradstich fixiert. Bei dem Krönchen habe ich mir das gespart, ich hoffe einfach, es hält auch so.
Dann ging es ans Zusammennähen. Hier muss man natürlich schauen, dass die Linien wie geplant aufeinander treffen. Ganz 100% hat es bei mir nicht geklappt, aber ich bin dennoch mächtig stolz, da ich doch recht nah an 100% gekommen bin. Für mich jedenfalls. Oder wie ich gerne sage: Im Rahmen meiner Fähigkeiten ist das super so!
Dann noch die Seitennähte schließen (auch hier natürlich auf die Linien achten!), Bündchen dran und fertig ist das Geburtstagsshirt!
Und hier noch ein paar Detailaufnahmen, um auch nochmal mit meinen getroffenen Linien anzugeben 😉
Tragefotos gibt es (noch) keine. Schließlich sind es bis zum Geburtstag noch ein paar Wochen!